Epigenetik umschreibt die Metaebene genetischer Regulation: Einen lange von der Forschung übersehenen Mechanismus mit vielschichtigen Konsequenzen. Denn per Epigenetik gelingt es dem Zellkern unter dem Einfluss äußerer Faktoren zu regulieren, wann und in welchem Ausmaß welche Gene ein- und ausgeschaltet werden. Somit erhöhen epigenetische Mechanismen die Flexibilität des immer gleichen Erbguts der unterschiedlichsten Zellen: Wie Haut-, Herz- oder Darmwandzellen ihre identischen DNA-Sequenzen einsetzen, kann unter epigenetischer Regulation auch von Umweltfaktoren abhängen.
Biochemische Details: Methylgruppen auf dem Erbgut
Im biochemischen Detail beeinflussen epigenetische Regulatoren dabei unter anderem, wie eng verpackt – und damit zugänglich – einzelne Genombereiche vorliegen. Geregelt wird der Zugriff zunächst durch das Anheften oder Ablösen kleiner chemischer Gruppen. Das so modifizierbare Markierungsmuster des Genoms wird dann von Spezialenzymen gelesen, die weitere Schritte einleiten und zum Beispiel Gene an- oder eben ausschalten.
Epigenetik
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Epigenetik
Epigenetische chemische Markierungen bestimmen die Verpackungsdichte des Chromatins: der geordnet geknäulten Verpackungsform aus Histonproteinen und darumgewickelter DNA, in der unser Erbgut im Zellkern vorliegt. Die Modifizierungen bilden dabei Markierungsmuster, die ein Gen aktivieren oder stilllegen, wobei die im Gen enthaltenen Informationen stets unverändert bleiben. Methylgruppen binden dabei zum Beispiel an bestimmte Stellen des DNA-Moleküls und hemmen die Aktivität des Genabschnitts; Azetylgruppen docken dagegen an Ausleger der Histonproteine an und steigern die Aktivität der Gene, indem sie die Verpackungsdichte senken und dem Ableseapparat Zugang verschaffen.
Gekipptes Dogma der Genregulation
In der Konsequenz stößt die Epigenetik ein lang gehegtes Dogma der Biologie um: die Idee, dass die Eigenschaften eines Organismus durch das bei der Geburt vererbte Genmaterial unveränderbar bestimmt wird. Tatsächlich erlaubt die Epigenetik selbst subtilen Umweltveränderungen den Zugriff auf unser Erbgut – neue Forschung zeigt, das die Entstehung von Krankheiten oder die Veränderung von Persönlichkeitsmerkmalen epigenetisch beeinflusst sein könen.
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